(Freie) Lernmaterialien im Web verfügbar machen

Adrian Pohl / @acka47
Linked Open Data, Hochschulbibliothekszentrum NRW (hbz)


KMK-Tagung, Hannover, 2018-05-29

Diese Präsentation:
http://slides.lobid.org/kmk-oer/
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Agenda

  1. Hintergrund & Perspektive
  2. Die Vision
  3. Ein Beispiel
  4. ZUr Umsetzung

1. Hintergrund & Perspektive

Hintergrund

Kommunikationswissenschaftler, Bibliothekar, seit 2008 beim hbz

(hbz: zentrale Dienstleistungs- und Entwicklungseinrichtung für Hochschulbibliotheken in NRW & Rheinland-Pfalz)

Langjährige Erfahrung mit (der Entwicklung von) Webstandards, Metadatenstandards und freier Software

Arbeitsfokus: lobid.org, offene Software und Schnittstellen für zentrale bibliothekarische Datensets

Seit 2014 Mitarbeit bei der Entwicklung der OER World Map, seit 2013 Moderator der AG "OER-Metadaten" des Kompetenzzentrum Interoperable Metadaten (KIM)

Perspektive: Standards

Standards zu etablieren ist nicht leicht

Einmal etabliert, wird man einen Standard so schnell nicht los*

*Seit 2004 steigt die deutsche Bibliothekswelt von einem deutschprachigen Austauschformat (MAB, *1972) auf einen internationalen (MARC, *1969) um. Seit acht Jahren wird der MARC-Nachfolger entwickelt & diskutiert, der Umstieg wird Jahrzehnte in Anspruch nehmen.

Standards können langlebig sein, ihre Ablösung kann Jahrzehnte dauern.

Perspektive: OER-Standards

Wir sind erst am Anfang!
Es gibt noch keine breit genutzte OER-Infrastruktur

Die Web-OER, für die eine Infrastruktur aufgebaut werden muss, existieren größtenteils noch nicht.

Mit der Infrastruktur, die in den nächsten Jahren geschaffen wird, müssen wir womöglich Jahrzehnte leben & arbeiten

Wir sollten aus Erfahrungen in anderen Bereichen lernen und gut durchdachte, zukunftsfähige Standards zu entwickeln

2. Vision

Ziel

OER sind genuine Web-Ressourcen, die schnell nach thematischen und fachlichen Gesichtspunkten auffindbar sind und leicht zum Remix übernommen werden können, wobei die rechtlichen Bedingungen (Attribution, Lizenzkompatibilität) eingehalten werden.

Ziel

OER sind genuine Web-Ressourcen, die schnell nach thematischen und fachlichen Gesichtspunkten auffindbar sind und leicht zum Remix übernommen werden können, wobei die rechtlichen Bedingungen (Attribution, Lizenzkompatibilität) eingehalten werden.

OER als Web-Ressourcen

OER & ihre Bestandteile haben einen URL (z. B. https://example.org/lernressource)

Sie liegen als HTML/EPUB3-Dokument vor

D. h. die OER können verlinkt, annotiert, gebookmarkt werden

Bestenfalls sind sie versioniert & jede Version hat einen URL

Auch Metadatenlemente, Urheber/innen etc. haben eine URL und sind somit eindeutig referenzierbar

Ziel

OER sind genuine Web-Ressourcen, die schnell nach thematischen und fachlichen Gesichtspunkten auffindbar sind und leicht zum Remix übernommen werden können, wobei die rechtlichen Bedingungen (Attribution, Lizenzkompatibilität) eingehalten werden.

Quelle: Paul Gobee/Pim Bellinga (2018): TOOLs. Topic-Oriented Open Learning platforms, presentation at OE Global 2018, Delft.

Themenorientierung im Web

Gobee/Bellinga (2018) nennen "Domain Model" als Schlüsselelement ("key ingredient")

Status Quo: verschiedene Akteure pflegen unabhängig voneinander unterschiedliche aber ähnliche Modelle (als Excel-Datei, PDF, JSON etc.)

Ziel: Fachliche Klassifikationen offen und maschinenlesbar im Web mittels Simple Knowledge Organization System (SKOS) publizieren

Im Idealfall gemeinsame Pflege und Verknüpfung von Klassifikationen

Beispiel: Gemeinsame Normdatei (GND)

Zentrale Normdatei für den deutschsprachigen Raum

Gemeinsam gepflegt von hunderten bibliothekarischen Institutionen, Ausweitung auf Archive, Museen im Gange (GND4C-Projekt)

lobid-gnd (beta) stellt Web-API mit Auto Suggest etc. bereit

https://lobid.org/gnd

Automatisch auf dem Laufenden

Aktuelle Webstandards ermöglichen automatisiertes Sammeln von Ressourcen zu bestimmten Themen (Linked Data Notifications, LDN & Websub)

Jedes Thema bekommt eine "Inbox"

Benachrichtigungen über neue Ressourcen zu einem Thema an die Inbox

Abonnement bestimmter Themen, um per Push-Dienst auf dem Laufenden zu bleiben

Ziel

OER sind genuine Web-Ressourcen, die schnell nach thematischen und fachlichen Gesichtspunkten auffindbar sind und leicht zum Remix übernommen werden können, wobei die rechtlichen Bedingungen (Attribution, Lizenzkompatibilität) eingehalten werden.

Remix und Attribution

Text- anstatt Binärdateien (HTML/Markdown anstatt docx, ppt, odt) ermöglichen Übernahme im FOSS-Bereich erprobter Konzepte

Versionierung mit git + intuitive "git-light"-Oberfläche zur Übernahme für Remix

Transport von Lizenzinformationen und sonstigen Metadaten

Jede Änderung ist automatisch einer Nutzerin zugewiesen

Ein solcher Ansatz erledigt eine Menge rechtlicher Probleme

Und die Metadatenfelder?

Auf LRMI und LOM aufbauen

Auf bestehenden Standards (LRMI und LOM) aufbauen

Maschinenlesbare Communityprofile entwickeln

Validierungssoftware und -API anbieten sowie Metadateneditor zum Einbetten in Autorensysteme (Prototyp)

Unterstützung durch automatische Verfahren entwickeln

3. Ein Beispiel

Alice ist Lehrende an einer deutschen Universität und bereitet eine Anatomie-Lehrveranstaltung vor.

Alice browst die Fachsystematik und schaut sich an, welche Lerninhalte zum Thema "Atmungssystem" veröffentlicht wurden.

Alice stößt auf vielversprechende Materialien eines Kurses, den Bob auf seiner privaten Webseite veröffentlicht und mittels der Fachsystematik verschlagwortet hat.

Alice schaut sich die Kursmaterialien genauer an und schlägt Bob ein paar Rechtschreib-Korrekturen vor und ergänzt ein paar Anmerkungen, weil es so einfach ist.

Bob wird über die Vorschläge benachrichtigt und übernimmt sie.

Alice entscheidet, Teile des Kurses als Basis für von ihr angebotene Lerneinheiten zu nehmen und kopiert die aktuelle Version in das Autorensystem ihrer Hochschule

Sie ergänzt einige Folien, führt andere zusammen, passt Begrifflichkeiten an

Sämtliche Änderungsinformationen (Vorgängerversionen, bearbeitende Person, Zeitstempel) werden erfasst

4. Zur Umsetzung

Vorteile: OER im Web

Nutzung von offenen Web-Standards verhindert Lock-In-Effekt eines Anbieters/einer Plattform

Einfaches Aufsetzen von Hubs, die dezentral publizierte OER aus instutionellen/regionalen/fachlichen Repositorien, persönlichen Webseiten etc. aggregieren

Zusammenführung nach fachlichen Gesichtspunkten (Thema, Lernstufe, Erworbene Kompetenz etc.)

Zusätzlich ist Auffindbarkeit über Web-Suchmaschinen gewährleistet

Erste Schritte

Essentiell: Domänenmodelle (Fachsystematiken, Lehrpläne etc.) strukturiert ins Web bringen

Einigung auf ein paar grundlegende Praktiken: Vokabulare, Datenstrukturen, Schnittstellen

Einigung muss nicht 100%ig sein, kann geschichtet sein

Verantwortung verteilen, (neue) Rollen definieren

Siehe auch Verborgh (2018)

Umsetzung

Einigung auf langfristige technische Umsetzungen verträgt sich nicht gut mit Förderphasen von ein bis zwei Jahren

Langfristige Zusammenhänge müssen geschaffen werden, in denen Erfahrungen gebündelt und Wissen gesammelt wird, z.B. KIM-OER-Gruppe

Überregionale Standardentwicklung sollte in internationalen Kontext eingebettet sein, d. h. Mitwirkung an internationalen Standards im Rahmen des W3C oder der Dublin Core Metadata Initiative

Best Practices anhand von Anwendungen entwickeln

Best Practices können nicht theoretisch entwickelt werden, müssen an Anwendungen gekoppelt werden

Entwicklung, Testen und Verbesserung von Best Practices in Open-Source-Projekten als Referenzimplementationen

Währenddessen stetiger Austausch mit den langfristigen Entwicklungszusammenhängen

Projekte planen Ressourcen für Mitarbeit in längerfristigen, überregionalen Zusammenhängen ein

Das war's!

Fragen gerne jetzt oder
später an pohl@hbz-nrw.de

Referenzen

Felix Ostrowski (2018): skohub (simple knowledge organization hub). Vortrag beim KIM-Workshop 2018, Mannheim (Folien (pdf))

Herbert van de Sompel (2017): Scholarly Communication: Deconstruct and Decentralize? Paul Evan Peters Lecture (Slides, Aufzeichnung)

Ruben Verborgh (2018): One flew over the cuckoo’s nest. The role of aggregation on a decentralized Web. EuropeanaTech-Präsentation (Slides)